Einkaufen wie in den 20er Jahren? In einem kleinen Lädchen in Berlin – Charlottenburg ist das noch möglich. In dem unauffälligen Blumengeschäft „Harry Lehmann“ versteckt sich nämlich eine winzige Parfumerie, die heute noch die reinen Düfte des letzten Jahrhunderts zum Verkauf anbietet. Denn anders als heute bevorzugten die Herrschaften des frühen 20. Jahrhunderts keine Duftgemische, wie sie Coco Chanel durch ihre Parfumsensation „Chanel No. 5“ später einführte, sondern den reinen Duft einer einzelnen Blume.
Seit 1926 gibt es den kleinen Laden. Damals gründete ihn der wohlhabende Privatier Harry Lehmann in der Potsdamer Straße, ganz in der Nähe des heutigen Potsdamer Platzes im Herzen von Berlin. In Südfrankreich hatte er das Parfumkreieren erlernt und brachte die Düfte nun nach Berlin, um sie hier zum kleinen Preis zu verkaufen. Den Preis bemaß er nach dem Abfüllgewicht. Die Flakons konnten die Kunden selbst mitbringen. So sparten sie gut Geld.
Die junge Marlene Dietrich war von dem Konzept begeistert und zählte sehr schnell zu Harry Lehmanns Stammkundschaft. Regelmäßig besuchte sie die kleine Parfumerie, um ihren Lieblingsduft – den des Veilchens – zu kaufen. Noch heute gibt es diesen im Sortiment von „Harry Lehmann“. Fünf Euro kosten 10ml dieses kräftig-süßen Duftes.
Das Geschäft in der Potsdamer Straße gibt es nicht mehr. Es musste der von Hitler geplanten Nord-Süd-Achse weichen. Nach mehreren Umzügen wurde der Laden 1958 in der Kantstraße 106 sesshaft. Dort findet Ihr ihn heute noch. Allerdings führt ihn nicht mehr der alte Harry Lehmann, sondern sein Enkel Lutz Lehmann. Zu seiner Kundschaft gehört die 1992 in Paris verstorbene Marlene Dietrich nicht mehr, dafür aber die stadtweit bekannte Szeneparfumerie „Frau Tonis“ in Berlin-Mitte. Sonst hat sich nichts verändert. Es ist alles wie in den 20er Jahren geblieben.