Bhutan – eine märchenhafte Reise

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Im Land des Glücks

Während wir noch beeindruckt dem Mount Everest hinterherschauen, räumt die Stewardess hastig unsere halbleeren Gläser ein uns sprintet davon. Wir fragen uns warum sie so nervös wirkt, als sich unser Flieger plötzlich um gefühlte 90 Grad auf die Seite legt und eine Bergspitze knapp umrundet, um gleich darauf steil in ein enges Tal einzutauchen – so nah an Häusern und Tempeln der umliegenden Hügel vorbei, dass wir glauben zu sehen, was dort auf dem Mittagstisch steht. Nur eine Handvoll Piloten weltweit haben die Erlaubnis in Paro, dem einzigen internationalen Flughafen Bhutans, zu landen, und wir wissen jetzt wieso.
Wir sind unterwegs, um das kleine Land im Himalaya, das oft als das letzte Shangri La bezeichnet wird, für Dich zu entdecken. Bhutan liegt eingebettet zwischen den Riesen China und Indien („Wie Schinken in einem Butterbrot“ sagt man hier), mit nur 700.000 Einwohnern. Es verfügt über ein junges Königspaar, das in Asien wie Popstars verehrt wird, ist zutiefst buddhistisch, hat subtropische bis hochalpine Landschaften – und das Glück als oberstes Gebot.

So viel wissen wir, als wir ankommen, und direkt auf dem Rollfeld von einem riesigen Portrait des feschen Königspaars empfangen werden.

Nach der Passkontrolle und einer 200% Zollzahlung auf meine indischen Duty Free Zigaretten (Zigarettenverkauf ist hier illegal) werden wir von unserem Guide abgeholt. Kinley ist in unserem Alter, spricht perfektes Englisch und trägt wie die meisten hier die Nationaltracht für Männer, den Gho.

Das Land ist sehr darauf bedacht, seine einzigartige Kultur zu bewahren, und das drückt sich im alltäglichen Leben nicht nur in der Kleidung, in der Architektur und den vielen Festivals aus, sondern auch im allgegenwärtigen Buddhismus. „It’s not only a religion, it’s a holistic style of living“ sagt Kinley, und irgendwie fühlen auch wir uns sofort ein wenig meditativ, denn der Kontrast unserer Umgebung zu dem stressigen Zwischenstop im versmogten Delhi könnte nicht grösser sein. Im strahlenden Sonnenschein fahren wir durch ein winterlich golden bewachsenes Flusstal, vorbei an weißen Tempeln und Fachwerkhäusern Richtung Thimphu, der Hauptstadt Bhutans.

Thimphu
Wir kehren ein im Amankora Thimphu. Mit seinen 16 eleganten Suiten und seinen weissgewaschenen, einem Sakralbau würdigen Innenhöfen, liegt es etwas oberhalb von Thimphu in einem Kieferngarten. Das Hotel bietet vollendeten Luxus und das Gefühl absoluter Stille in beeindruckender puristischer Architektur. Im Inneren dominieren warmes Holz und hohe Decken, die Suiten sind sehr geräumig und jeweils mit knisternden Holzöfen ausgestattet.
Auch wer auf besonderen Service wert legt, kommt hier nicht zu kurz: Nachrichten und Ausflugspläne in Geschichtsform werden auf handgeschöpftem bhutanischen Papier überbracht, es liegt eine persönliche Literaturempfehlung auf dem Kopfkissen, und zum Abschied gibt es eine private buddhistische Zeremonie inklusive Segnung und Glücksbringer für die weitere Reise. Wahnsinnig lecker ist der hauseigene lokal produzierte Cider, der eisgekühlt in unserem Zimmer auf uns wartet.
Nachdem wir den riesigen Hanuman-Languren bewundert haben, der uns aus einem Baum neben dem Restaurant anstarrt, machen wir uns auf den Weg die Stadt zu erkunden.
Pro Person und Tag in einer Suite für 2 ab ca 285 €, plus 20% Steuer und 48 € Touristenabgabe

Mit gerade einmal 80.000 Einwohnern ist Thimphu bestimmt keine Metropole, und doch mischt sich hier die Moderne mit Uraltem. Auf dem Gemüsemarkt kaufen knorrige Mönche riesige Bündel von Chillies bei Hipstern mit Smartphones, „echte“ North Face Jacken hängen neben handgeschnitzten Opferlöffeln, Männer in Ghos und Jungen mit Frisuren wie aus Kreuzberg üben sich im Sonnenuntergang im Bogenschießen.
Der mächtige Dzhong, der in Bhutan jede grössere Stadt dominiert, ist eine Mischung aus Tempel und Verwaltungssitz. Burgartig formen die weiß getünchten Gebäude mit dem bunt bemalten Fachwerk den Mittelpunkt des weltlichen und geistigen Lebens, und so trifft man im Inneren auf frisch geschorene junge Mönche genauso wie auf alte Bauernpaare die eine Heiratsurkunde beantragen. Bis vor kurzem gab es in Bhutan weder Zeremonie noch Urkunde zur Hochzeit, man zog einfach beim anderen ein, und auch Nachnamen gibt es hier nicht.

Abends gehen wir in der Bar Mojo Park etwas essen und geraten zufällig auf ein Konzert. Ein MC aus Indien, eine Akustik Band aus Thimphu, eine brennende Mülltonne und Gespräche, wie man sie in jeder anderen Bar auf der Welt auch hören könnte, hätten wir hier eigentlich nicht erwartet. Die Besucher sind eine Mischung aus schönen jungen Menschen aus der Gegend und westlichen Volunteers, die hier für den WWF oder andere Organisationen arbeiten.
Der Barbesitzer ist freudig überrascht uns kennenzulernen, denn die meisten Touristen sind 50+ und verirren sich selten hierher. Alle sind unglaublich nett, man kommt schnell ins Gespräch, jeder kennt jeden und dazu trinkt man das allgegenwärtige Druk (Drachen) Bier, denn die Cocktails stehen zwar auf der Karte, aber für die meisten fehlt gerade irgendeine Zutat.

Das ist aber auch egal, weil wahrscheinlich kein Cosmopolitan auf der Welt so lange im Gedächtnis bleiben wird wie das Drachenbier bei Livemusik am Feuer in der coolsten Kneipe Bhutans.

Punakha

Die Fahrt von Thimphu nach Punakha führt über den Dochu La Pass auf 3140 Metern Höhe. Je höher wir die kurvigen Strassen erklimmen, vorbei an bunt bemalten Trucks, endlosen Terrassenfeldern und Kühen, die in Steilhängen klemmen wie Bergziegen, desto mehr fühlen wir uns selbst auch ein bisschen high. Unsere Guides hatten uns erklärt der Höhenkrankheit wirke man am besten mit viel Wasser entgegen, und so sammeln sich nach und nach die leeren Flaschen im Fußraum. Nicht vorbereitet hatte man uns auf den unfassbaren Blick, der sich einem bietet, sobald man die Kuppe des Passes erreicht: majestätisch erhebt sich hinter den subtropischen Tälern der Himalaya.

Als Sahnehäubchen zieren den Pass die 108 Druk Wangyal Khangzang Chhortens, die hier 2005 als Sühne für die verlorenen Leben im Konflikt mit Widerstandskämpfern aus Assam im Süden Bhtuans errichtet wurden, und die – umgeben von unzähligen Gebetsflaggen – dem Ort eine noch magischere Schönheit geben. Der Abstieg in die Täler von Punakha (nachdem ein riesiges Yak endlich die Strasse freigibt) lässt uns mit jedem Meter eine von unseren Kleiderschichten ablegen, denn tagsüber ist es hier selbst im Januar um die 20 Grad warm. Deswegen wird hier auch das ganze Jahr Obst und Gemüse angebaut, wir fahren vorbei an Orangen- und Papayabäumen voller Früchte. Apropos Fruchtbarkeit: Punakha ist berühmt für seine phallischen Wandbemalungen. An jeder Ecke lachen einem bunte Riesenpenise entgegen, die die Häuser vor dem bösen Auge und Tratsch schützen sollen. Sie erinnern ausserdem an den lokalen Lama, den ‚Divine Madman‘, der hier im 15. und 16. Jahrhundert allerlei penisbezogenen Zauber lehrte und dessen Tempel wir auf der Fahrt nach Punakha auch besuchen.

Zum Mittagessen gibt es das allgegenwärtige Nationalgericht „Chili Cheese“ eine köstliche aber höllisch scharfe Mischung aus – richtig – Chili und Käse, zu der roter Reis gereicht wird, und die selbst erfahrenen Asienreisenden die Tränen in die Augen treibt.

Wir checken ein ins Uma Punakha, das 14 km ausserhalb von Punakha am Ende des Tals auf grünen Hügel liegt und in dem wir aus Zimmer Nummer 1 einen wunderschönen Blick auf den türkisfarbenen Mochu River haben, der sich hier durch das Tal schlängelt. Mit nur 9 Zimmern und zwei Villen bietet das Boutique Hotel die intime Atmosphäre eines eigenen Heims, die moderne Interpretation der bhutanischen Holzbauweise und die großen Fensterflächen lassen es elegant mit der Umgebung verschmelzen. Wir erfahren, dass die Queenmother sich für den Abend zum Dinner im Restaurant angekündigt hat, und sehen sie sogar am nächsten Tag den Mochu River entlang raften. Die von allen geliebten Royals in Bhutan sind Menschen zum Anfassen, daher auch Jigme Khesar Namgyel Wangchuck’s Beiname ‚People’s King‘.

Vom Uma Punakha aus sollte man unbedingt die Wanderung zum Khamsan Yuley Namgay Chorten auf der anderen Flusseite unternehmen. Durch Reisfelder und am Fluss entlang trifft man hier die Locals, und wird oben mit spektakulären Wandbemalungen im Innern und einem wunderschönen Blick über das Tal von der Dachterasse belohnt.

Uma Punakha pro Person und Tag im DZ ab ca. 200 € pro DZ, inkl. Frühstück und Abendessen, plus 20% Steuer und 48 € Touristenabgabe

Paro

Wie ein altehrwürdiger Dzhong liegt das Uma Paro in einem Park mit Himalayatannen, deren Nadeln den Boden wie ein weicher Teppich bedecken. Im eigenen Pfeil- und Bogen-Parcours kann man sich in den bhutanischen Nationalsportarten versuchen. Neun private Villen gruppieren sich auf dem Gelände um das Haupthaus mit 20 Zimmern. Im kreisrunden Panoramarestaurant brennt immer ein wärmendes Kaminfeuer und die Speisekarte bietet wie auch schon im Uma Punakha eine Vielfalt von Köstlichkeiten traditioneller lokaler, chinesischer, indischer und europäischer Küche. Nach einer Woche hat man sich zum Glück mehr oder weniger an die Höhe gewöhnt. Das sollte man auch, denn der absolute Höhepunkt einer Bhutanreise, Paro Takstsang, besser bekannt als das Tiger’s Nest liegt in 3120 Meter Höhe und ist nur zu Fuß zu erreichen. Der Aufstieg dauert gemütlich ca. 3 Stunden durch den Wald und überbrückt 900 Höhenmeter. Und es lohnt sich: das Tiger’s Nest hängt dramatisch in einer felsigen, fast senkrechten Steilwand über einem mehrere huntert Meter tiefen Abgrund, umgeben von tausenden bunter Gebetsflaggen und direkt über einem Wasserfall. Der Legende nach ist Guru Rinpoche auf dem Rücken einer Tigerin aus Tibet hier hingeflogen, woraufhin die Stelle als heilig erklärt wurde. Im Inneren des im 17. Jahrhundert errichteten Klosters bekommen wir von 2 Mönchsjungs gesegnetes Wasser und bestaunen die waghalsige Architektur voller steiler Treppen und Leitern.

Nach einer solch anstrengenden Wanderung bietet es sich an, das hoteleigene Spa Como Shambala Retreat aufzusuchen, und sich das traditionelle Hot Stone Bath mit anschiessender Massage zu gönnen. Die heissen Steine im blumenbedeckten Badewasser und die einstündige Massage lassen jeden Muskelkater verschwinden.

Uma Paro pro Person und Tag im DZ ab ca.165 €, inkl. Frühstück und Abendessen, plus 20% Steuer, 48 € Touristenabgabe und 22 € Abgabe für Individualtourismus

Druk Yul nennen die  Bhutaner ihr Land, „Land des Donnerdrachens“, nach einem Sturm der in der Gründungszeit gewütet haben soll. Wir haben eine Woche lang mitten im Januar nur strahlenden Sonnenschein und mögen gar nicht wieder fahren. Wir sind begeistert von dem kleinen Land voller landschaftlicher Gegensätze, magischer Plätze, mystischer Geschichten und freundlicher Menschen und können verstehen warum die Regierung versucht, den Tourismus weitestgehend unter Kontrolle zu halten. Die über allem stehende Maxime des Bruttonationalglücks sieht eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft im Zusammenspiel von materiellen, kulturellen und spirituellen Schritten vor, und basiert auf 4 Säulen: soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Kulturförderung und gute Regierungsstrukturen. Und so wird eben auch der Tourismus darauf ausgerichtet. Das Land, seine Einwohner, seine Natur und seine Kultur soll auf allen Ebenen davon profitieren und in ihrer Einzigartigkeit erhalten bleiben. Einen Ballermann wird es hier also hoffentlich nie geben.

Wer mit kleinerem Budget nach Bhutan möchte, kann durch einen Reiseveranstalter seinen Trip zusammenstellen und zahlt am Tag je nach Saison 200 – 250$ bei Unterbringung in 3 Sterne Hotels. Dies schließt alle internen Steuern und Gebühren, alle Mahlzeiten, Guide, Fahrer, bei Bedarf Camping Equipment und Transport innerhalb Bhutans ein.

www.tourism.gov.bt/plan 

Wir empfehlen Tharchu Dukpa von Happy Bhutan, unseren tollen Guide in Punakha und Paro, der ganz individuelle Reisen und Treks mit Unterkünften nach Wunsch zusammenstellen kann, und sich ausserdem um Visa, Transport und alles andere kümmert.






AnD

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