Diamanten aus dem Labor – die Zukunft?

Foto: Goldstück
Ein Besuch bei Courbet

Kein Stein wird von so vielen Emotionen, Songtiteln und Geschichten begleitet wie der Diamant – sein unvergleichliches Funkeln birgt das Versprechen von Ewigkeit und Luxus. Wir kennen die Namen der größten Steine, ihre berühmten Träger:innen und die schönsten Love-Stories und Anekdoten, die sich um sie ranken.

Doch sind Diamanten in den letzten Dekaden auch massiv in Kritik geraten:  sowohl die Gewinnung aus einigen Minen, in denen Bergarbeiter und Diamantenschürfer unter erheblichen Menschenrechtsverletzungen leiden, als auch die Tatsache, dass die kostbaren Steine zum Teil der Finanzierung von Armeen und Kriegen dienen, werden in unseren Breitengraden schon lange als problematisch bewertet und entsprechend geahndet.

Hinzu kommen negative Einflüsse auf die Umwelt, wie Bodenerosion, Entwaldung oder die Zerstörung von Ökosystemen die mit der Gewinnung von Diamanten aus Minen einhergehen.

Attraktive Alternative aus dem Labor

Als attraktive Alternative gelten seit einigen Jahren Diamanten, die im Labor gezüchtet werden. In ihrem chemisch-physikalischen Aufbau sind Labor-Diamanten identisch mit herkömmlichen Steinen: Diamanten werden in Vulkanen geboren und gelangen bei einem Ausbruch an die Oberfläche. In hunderten Kilometern Tiefe und unter enormem Druck kristallisierte unter dem Vulkanschlot reinster Kohlenstoff im glühenden Erdinnern aus. Die dort herrschenden extremen Bedingungen werden heute mit innovativen Technologien im Labor nachempfunden: dort werden aus Rohsteinen Diamanten gezüchtet, die sich weder optisch noch physikalisch von ihren natürlichen Vorbildern unterscheiden.

Bei einer Veranstaltung im Juni 2023 hatte ich das Glück, Manuel Mallen den CEO und Co-Founder von Courbet kennenzulernen und bei einem Besuch in deren Showroom an der wunderbaren Place Vendôme in Paris tiefere Einblicke in das Business mit den sauberen Steinen zu erhalten.

Disruptor an der Place Vendôme

Courbet wurde 2018 von Manuel Mallen und Marie-Ann Wachtmeister gegründet – Mallen hatte 22 Jahre bei dem Luxuskonzern Richemont für verschiedene Schmuck- und Uhrenmarken gearbeitet, bis ihm irgendwann klar wurde, dass „er die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen wie Erde und Mensch nicht länger unterstützen könnte und wollte“. Seine Liebe zum Schmuck und den schönen Steinen jedoch ist ungebrochen, so suchte und fand er eine Partnerin, mit der er seine Vision eines komplett nachhaltigen Schmuckhauses, das auf höchstem Niveau agiert, umsetzen wollte.
Ann-Marie Wachtmeister ist der kreative Part des Duos: sie entwirft die verschiedenen Kollektionen, kümmert sich um Kooperationen und um die künstlerische Entwicklung des Portfolios.
Luxusmarken müssen sich, egal ob jung oder alt, immer an gewisse Regeln halten: dazu gehören höchste Qualität und Handwerkskunst, einzigartige Designs, gutes Storytelling und zunehmend auch Nachhaltigkeit.

Im Gespräch mit Emanuel Mallen wird klar, dass der Unternehmer genau weiß, welche Parameter von Bedeutung sind, um sich in der traditionellen Schmuck-Branche als der Disruptor zu positionieren: so hat er den Showroom des Unternehmens in ein Penthouse an der Pariser Place Vendôme gelegt, wo sich seit jeher die großen Schmuckhäuser ansiedeln.

Um nachhaltig zu sein, genügt es nicht, Diamanten aus Laboren zu beziehen, denn der Energieaufwand, welcher für die Zucht der Steine benötigt wird, ist sehr hoch. Also argumentiert er mit dem CO2 Footprint und bezieht seine Diamanten nur aus Laboren, die mit emissionsarmem Strom arbeiten. Diese befinden sich in den USA und in Frankreich, wo Courbet auch selbst in ein Diamanten-Labor investiert ist. So kann er sagen, dass die Produktion eines Karats von Courbet nicht mehr CO2 ausstößt als in eine Espresso-Tasse passt.

Der Nachhaltigkeitsanspruch gilt bei Courbet für die gesamte Wertschöpfungskette: das in den Kreationen verwendete Gold ist zu 100% recycled und stammt aus Computern und Mobiltelefonen. Die Präsentationselemente im Showroom und die Verpackungen werden von einer Künstlerin aus Papier gefertigt, innerhalb Paris wird nur per Fahrradkurier geliefert, und die Versandmaterialien lassen sich wieder verwenden. Aus der Kollektion „Let‘s commit“ gehen 15% des Erlöses an eine von fünf Charity-Organisationen, aus denen die Kund:innen beim Kauf wählen können.

Auf der Suche nach nachhaltigen Alternativen zum Minen-Diamanten, wird man bei Courbet fündig – doch wie sieht es mit der Haute Joaillerie, der Luxus-Disziplin des Schmuckhandwerks aus?

Das aufwändigste Stück bei Courbet besteht aus 1800 Diamanten und wurde in 400 Arbeitsstunden gefertigt. Es steht der Haute Joaillerie anderer Häuser an der Place Vendôme in nichts nach – der Handwerkskunst sind  keine Grenzen gesetzt.
Jedoch kann es manchmal etwas dauern: Mallet erklärt, dass die Zucht eines großen Diamanten im Labor einen höheren Zeitaufwand bedeutet als die eines kleinen – bisher lassen sich im Labor Steine bis zu der Größe von etwa 12 Karat herstellen. Dies geschieht meist auf Bestellung und nimmt von dem Moment der Order bis zum fertigen Produkt ein gutes Jahr in Anspruch.

Ein Ausblick

Preislich werden die Diamanten aus dem Labor im Vergleich zu Diamanten aus Minen immer interessanter, je größer sie werden. Kostet ein Karat aus der Mine zwischen 7.000 und 10.000 Euro, so liegen die Labordiamanten bei etwa 5.000€, steigern sich dann aber im Gegensatz zu den Minendiamanten linear und nicht exponentiell. 2 Karat kosten also etwa 10.000 €, drei Karat um die 15.000€.  Gerade für personalisierte Teile ist dies äußert interessant, ebenso für den amerikanischen Markt, wo Size bekanntlich matters.
Dort bietet der Handel mittlerweile beide Optionen nebeneinander zur Auswahl an, was in Europa erst langsam beginnt.
Der Anteil von Labordiamanten ist derzeit noch klein und beträgt mit 5,5 Millionen Karat etwa 1 Prozent des Gesamtaufkommens, das im Jahr aus Minen gewonnen wird. Doch der Aufstieg der Labordiamanten ist unaufhaltsam, denn das Naturprodukt neigt sich langsam dem Ende.
Bei einem Besuch bei H.Stern in Rio de Janeiro erklärte man mir im April 2024, dass von ursprünglich ca 120 verschiedenen Rubin-Rottönen mittlerweile nur noch um die 20 gewonnen werden.
Im Jahr 2050 wird man nur noch etwa 10% des heutigen Diamantenaufkommens aus Minen schöpfen können, mit immer größeren Auswirkungen auf die Umwelt.

Es wird in der Luxuswelt langfristig wahrscheinlich kein Weg an Labordiamanten vorbeiführen, und Pioniere wie die Maison Courbet ebnen bereits den Weg, getreu ihrem Firmenmotto  „Without goodness beauty means nothing”.

Dieser Beitrag erschien zunächst in der Frühling 2024 Ausgabe des Prestige Magazins in der Schweiz.





courbet.com
AnS

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