Die Jeans ist, das kann man nicht anders sagen, ein Phänomen. Ein Kleidungsstück, das vor Jahrzehnten in unsere Schränke Einzug gehalten hat und seitdem nicht mehr daraus wegzudenken ist. Und viele Hersteller können auf eine Tradition zurückblicken, die noch weit früher ihren Anfang genommen hat, zu Zeiten des kalifornischen Goldrauschs etwa. Ihre Namen sind praktisch Sinnbild für das blaue Beinkleid. Wie schafft man es da, herauszustechen und sich als brandneues Label in diesem Markt zu etablieren? Das ist nur eine der vielen Fragen, die mir durch den Kopf gehen, als ich an der Tür des Büros von Dawn Denim in Köln läute.
Empfangen werde ich von drei sehr offenen und herzlichen Menschen, denen man anmerkt, dass sie sich nicht erst seit gestern kennen. Gabriel Fellsches, der Marketingexperte im Bunde, und Marian van Rappard haben sich tatsächlich bereits vor 15 Jahren kennengelernt, und zwar bei Strauß in Langenfeld. In gewisser Hinsicht legten sie beide schon damals den Grundstein für ihre heutige Zusammenarbeit, als sie in „jugendlichem Leichtsinn“ davon träumten, eine eigene Firma aufzuziehen. Zunächst aber verfolgten sie gewissenhaft ihre jeweiligen Karrieren – wovon Dawn, in dem nun ihr ganzes Herzblut steckt, nur profitieren kann. Gabriel erklomm bei Esprit die Leiter bis zur führenden Position und war zuletzt für die Herren-Division von Marc O‘ Polo verantwortlich, während Marian zunächst in Istanbul globales Sourcing betrieb, dann nach Vietnam auswanderte und sich dort schließlich mit einer Joint Venture-Fabrik selbstständig machte. Komplettiert wird das Trio von Ines Rust, die für den kreativen Bereich verantwortlich ist und vorher für Labels wie Blutsgeschwister und Tom Tailor designte.
Die Gründer von Dawn konnten also eine Menge Erfahrungen sammeln, bevor sie sich an ihr eigenes Label wagten – und währenddessen auch das Kapital, das für so ein Unterfangen nötig ist. Denn Dawn fußt ausschließlich auf Privatvermögen, wie Gabriel nicht ohne Stolz erzählt. Dass es extrem wichtig ist, bei der Einführung einer neuen Marke über einen ausreichend großen finanziellen Puffer zu verfügen, hat Ines schon bei einigen Newcomern erlebt: gerade sehr gehypte Frischlinge stolpern nicht selten über die Masse an Vorleistungen, die gezahlt werden müssen, bevor die Produkte überhaupt beim Endverbraucher ankommen. Und hier hat Dawn einen entscheidenden Vorteil, denn die Kleidungsstücke werden in Marians Denim-Fabrik in Vietnam hergestellt, was dem Label finanziell einen starken Rücken verschafft.
Und wie hebt sich nun der Stil von Dawn von all den anderen Jeans ab? Zunächst einmal muss man sagen, dass das Label sich gar nicht zum Ziel gemacht hat, mit altbewährten Heritage-Marken zu konkurrieren. Im Gegenteil: Dawn, englisch für Morgenröte, steht für den Neubeginn und frischen Wind, für einen modernen und innovativen Umgang mit einem traditionellen Stoff. Erreicht wird das vor allem durch verschiedene Waschungen, das Spiel mit Strukturen und einem cleanen und jungen Look. Und – durch Kupfer! Dieses Material sorgt für den absoluten Wiedererkennungswert. Ein spezielles, kupferummanteltes Garn aus Japan sorgt nämlich in einigen Key Pieces der Kollektion für einen faszinierenden, metallisch schimmernden Effekt. Die Farbe findet sich auch in Reißverschlüssen, Nieten und Knöpfen wieder und formt so zusammen mit dem Logo die Identität von Dawn. Zu den Hosen in diversen Passformen gesellen sich einzelne Elemente aus Seide wie die fantastische Sunrise Silk Blouse, die die Denim-Teile gleichzeitig kontrastieren und ergänzen.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die Produktionsweise der Kleidungsstücke. Der Anspruch von Dawn ist es, hochwertig produzierte Kleidung mit Nachhaltigkeit und Transparenz zu kombinieren. Gabriel, Ines und Marian möchten beweisen, dass eine globale Produktion nicht zwangsweise gleichbedeutend ist mit einstürzenden Fabriken und Hungerlöhnen. In seinem Unternehmen steht Marian in persönlichem Kontakt mit seinen Mitarbeitern, sie werden respektvoll behandelt und überdurchschnittlich bezahlt. Mittlerweile haben dort auch 35 Mädchen aus dem Waisenhaus Vinh Son Montagnard ihren Platz gefunden, das Dawn unterstützt. Der Einrichtung ist eine Nähschule angeschlossen, der das Unternehmen bei der Anschaffung von Maschinen und Materialien finanziell unter die Arme greift. Dort erhalten die Kinder eine Ausbildung, die ihnen in einem ansonsten perspektivlosen Leben eine echte Chance gibt.
In unserem Gespräch fasst Ines den Anspruch von Dawn in einer sehr treffenden Formel zusammen: bewusstes Konsumieren. Nicht jedem Trend hinterherlaufen, sondern lieber in Stücke investieren, die besonders und langlebig sind und von denen man genau weiß, wie und wo sie hergestellt worden sind. Und so lautet der erste Satz des Lookbooks auch: You can’t just wish for a better world, you must go out there and create it.